Foto: Christa Strobl

Wenn man sie nicht bewusst aufsucht, ist es eher unwahrscheinlich, bei ihrem Hof in Rohrbach 39 vorbei-zukommen. Insider aber schätzen Anna Oblasser-Mirtls Animal Training Center als weltweit erste Adresse in Sachen Tiertraining.

Sobald Anna ihr rund sechzigköpfiges Tierreich betritt, ist sie auch schon umringt. Ein Truthahn weicht nicht von ihrer Seite, ein Schwein überwindet das Gatter des Geheges und stellt sich fordernd in den Weg, die kleinen Äffchen beobachten vorfreudig das Geschehen und auch ein Lama kann seine Aufgeregtheit nicht verbergen.
Wer jetzt denkt, dass eine Fütterung ansteht, liegt falsch. Die Tiere wollen trainieren und suchen die Aufmerksamkeit. Das Geheimnis der lustvollen Gelehrsamkeit umreißt Oblasser ganz kurz mit: „Wir lassen einfach das weg, was Tiere nicht mögen.“
Mit wir meint die Cheftrainerin ihr Team, bestehend aus einem halben Dutzend diplomierter Trainerinnen, ehrenamtlichen Helfern und Praktikanten. Da gibt es keine Strafen, keinen Druck oder Zwang.
Die Sache geht im respektvollen Miteinander, ruhig, aber bestimmt und selbstverständlich absolut gewaltfrei über die Bühne. Und deshalb – nicht trotzdem – funktioniert sie so gut.

Frage des Interesses

Der Drang zur Arbeit mit Tieren ist Oblasser offensichtlich angeboren. Schon als junge Gymnasiastin konnte die eher mäßig erfolgreiche Schülerin („Das hat mich halt weniger interessiert.“) bei Hundesportturnieren große Erfolge einfahren. Der Besuch einschlägiger Seminare sowie Praktika bei Tierärzten und im Schönbrunner Zoo deuteten schon auf jenes große Ziel hin, das sie dann auch unmittelbar nach der Matura erreichen sollte: die Aufnahme ans Moorpark College in LA, dem Harvard für Tiertrainer. Zwei Jahre lang galt es fortan, sieben Tage in der Woche von 6 Uhr Früh bis 22 Uhr in der Nacht im Einsatz zu stehen. Bald schon wurde ihr immer größere Verantwortung übertragen, nach zwei Semestern erhielt sie als jahrgangsbeste Studentin ein nicht unpraktisches Stipendium.

Senkrechtstart

Ehe es Anna wieder in den hiesigen Kulturkreis zurückzog, sammelte sie noch Erfahrung in diversen USZoos und anderen weltweit renommierten Einrichtungen. Als sie wieder an der Mur eintraf, gab es kaum eine Tierrasse, mit der sie noch nicht gearbeitet hatte. Hier war aber kein Job zu finden, der ihren hohen Qualifikationen entsprochen hätte, also gründete sie 2006 im Garten ihrer Eltern mit fünfzig Euro Startkapital ihr eigenes Trainingscenter. Das Unternehmen florierte von Anbeginn, war aber mit dreißig Tieren bald überfüllt. Vor sechs Jahren wurde Oblasser mit dem Kauf des eingangs erwähnten Hofes zur Rohrbacherin und nunmehrigen Hitzendorferin. Nach wie vor rekrutiert sie alle Tiere aus schlechter Haltung.
Um die Liga, in der Oblasser unterwegs ist, zu veranschaulichen, seien nur zwei Auszeichnungen erwähnt. 2012 erhielt sie, deren Vorträge in aller Welt geschätzt werden, für ihre Arbeit in der Tierwelt Herberstein und die dazugehörige Dokumentation in San Francisco den „ABMA Impact Award“, der als Oscar der Branche gilt, überreicht. Und erst kürzlich kehrte sie von einer ABMAKonferenz in Dänemark mit dem Innovation, dem Knowledge und dem Scholarship Award heim. Mehr kann man einfach nicht gewinnen.

Weltpremiere

Neben dem Zoo, Film und Tierheimtraining engagiert sich Anna für Wildlife Education und kommt mit ihren zahmen Wildtieren in Kin dergärten und Schulen, wo sich niemand der Faszination und dem Verständnis entziehen kann. Mit der weltweit einzigen Ausbildung von DiabetikerWarnhunden hat sie sich ein weiteres Standbein geschaffen. Die Tiere haben die Fähigkeit, eine beginnende Unter oder Überzuckerung ihres Frauerls oder Herrls zu riechen und lernen, dies verständlich anzuzeigen und im Notfall Hilfe zu holen.
Ihr Faible für die Arbeit mit Tieren teilt Anna schon seit vielen Jahren mit ihrem Mann Walter, der sie einst schon als ihr noch nicht Angetrauter an die Universität nach Kalifornien begleitet und bei der Umsetzung ihrer Vorhaben immer unterstützt hat. Walter ist in seinem Brotberuf als Systemadministrator tätig und zeichnet für den Bau von Gehegen und die Instandhaltung von Haus und Hof verantwortlich, was er aber zum Glück als Ausgleich zu seiner Anstellung betrachtet. Und zum Schluss das Wichtigste: Seit eineinhalb Jahren haben sie große Freude mit ihrer Emilia.