Foto: Christa Strobl

Im Haus Hitzendorf Nummer 3 war immer schon Innovation angesagt. Hier ging einst der erste Selbstbedienungsladen im Ort in Betrieb, und hier trägt man seit wenigen Tagen der steigenden Nachfrage nach hochqualitativen Lebensmitteln ohne lange Anreisewege Rechnung. Die Fäden dabei zieht Sigrid Spath.

In dritter Generation der traditionsreichen Kaufmannsfamilie Gailhofer hat eine sichtlich gerührte Sigrid zu ihren Wurzeln zurückgefunden. Fast vermeint sie die Anwesenheit ihrer Eltern zu spüren, hat deutlich vor Augen, wie der Vater mangels Wechselgeld kleine Differenzbeträge mittels Karamelbonbons ausgleicht oder wie sie selbst schon im Vorschulalter ihr Geschick zum Handeln unter Beweis stellt, indem sie jemandem, der gar kein Geflügel besitzt, erfolgreich Hühner-Fußringe verkauft. Nicht nur die Erinnerung an ihre Kindheit und Jugend scheint ihr gut zu tun, sondern auch die Gegenwart. Nach gut zwei Jahrzehnten Betrieb eines Großmarktes genießt sie unübersehbar die kleine, feine und intime Atmosphäre ihres neuen, alten Geschäftes.

Auch reden ist gesund

„Hitzendorfer Genussladen“ nennt sich der Umschlagplatz für Lebensmittel, die diesen Namen auch verdienen. Auf wenigen Quadratmetern findet sich eine breite Palette an biologischen und vor allem hei-mischen Waren. Wer eintritt, hat, ohne es zu merken, den Alltagsstress schon draußen gelassen, drinnen agiert Sigrid in der Manier eines guten Barkeepers, der sich ja auch durch Diskretion und Einfühlsamkeit auszeichnet. Bis zu sechs Leute finden an einem Kaffeetisch Platz, wo sich das Geschehen in der Marktgemeinde und der restlichen Welt trefflich diskutieren lässt. Und jeder kommt gleich mit jedem ins Gespräch, „weil man bei uns seinen Nach-barn halt noch kennt“. Da kann es durchaus passieren, dass die Hausherrin, eine begeisterte Köchin und Bäckerin, sogar ihre geheimsten Rezepte preisgibt.

Im (Orts)Zentrum

Bis auf die paar Jahre, während der sie die Handelsschule in Graz besuchte, ist Sigrid immer in Hitzendorf ihrer Ausbildung und ihrem Beruf nachgegangen. Sie könne sich ihren Lebensmittelpunkt nirgendwo anders vorstellen, begründet sie – abgesehen vom Menschenschlag hier – anhand zeitlicher Entfernungen: „Zwanzig Minuten nach Graz, dreieinhalb Stunden ans Meer und eine auf die Schipiste.“ Damit sind auch schon ihre Vorlieben und Interessen genannt. Neue Trends findet sie, die schon viele Modenschauen auf die Beine gestellt hat, in der Landeshauptstadt, das Meer liebt sie ebenso innig wie sie es regelmäßig aufsucht, und das Schifahren hilft ihr, die sonst eher ein Sommertyp ist, über den Winter.

Marktforscher

Natürlich verstehen sich die Spaths – Sigrid und ihr Mann, der Biobauer/Banker Hansi – auch aufs Kalkulieren. Sie halten den Markt für gesunde und heimische Lebensmittel für mehr als nur eine Nische, die Nachfrage steige vor allem unter den Jungen und den Jungfamilien enorm. „Weniger ist wertvoller und auch mehr“, wird Sigrid fast schon philosophisch und ist von einer Win-Win-Situation überzeugt: „Wenn ich die Region stärke, stärk’ ich mich selbst ja auch.“

Demgemäß ist der Genussladen auch nicht als Hobby, son-dern als echtes Standbein „bis zu meiner Pensionierung“ konzipiert. Und das müsste sich auch so ausgehen, hat doch Sigrid an den Eröffnungstagen mehr als nur einmal das Kompliment „Schön, dass du wieder da bist“ entgegengenommen. Die Zeichen stehen also gut, dass das Familienunternehmen prolongiert wird. Mit Tochter Margot und dem fünfmonatigen Enkerl Clemens wären die personellen Ressourcen jedenfalls gegeben.